Hans-Joachim Hespos

Zurück zur Startseite / Back to start
Sie sind hier: Resonanzen

Von: sven hermann
An: hespos@web.de
Datum: 01.05.05 10:22:44
Betreff: Sven / IP


diekleineBühnenRealAnarchieWelteines grossenDenkersMachersMachenlassers


Jetzt ist der Vogel wahrhaftig abgeschossen!!!!!!! Selbst ich als Hespos-Spezialist
wusste nicht mehr,was Stück ist, was Zufall ... Was ist Publikum, was ist Oper, was
ist eine Aufführung??? Selten habe ich Deine Worte so plastisch wahrgenommen wie
gestern: "Wer sagt mir, dass ich nach einer Konzertaufführung noch beide Arme habe?"

Mich beängstigen beinahe Deine Vorhersehungen, als ob selbst in der Partitur steht:
"Am Ende 3'47'' Applaus, sieben Buhrufe verschiedenen Timbres und emotionaler Intensität."
Mich beängstigt beinahe Deine Möglichkeit, fremden Interpreten den Weg in Deine
einmalige Welt zeigen zu können, in der alles möglich ist. Standen Ausufe wie "Jetzt ist
es aber gut!" vielleicht doch in der Partitur?!

Ich denke, Dein kompositorisches Material war ja unter anderem das Publikum. Wenn dem
so ist, ist alles eingetreten, was Du angestiftet hast. Der Plapper-Geschwätz-Kontrapunkt
im Bühnengraben gefolgt vom Plapper-Geschwätz-Kontrapunkt eine Reihe vor mir. War ich
anfangs noch beinahe erzürnt über die ungehobelte Respektlosigkeit gegenüber den
Ausführenden seitens dieser vier Besucher, hat die Hesposwelt zunehmend diesen kleinen
Klangkörper vereinnahmt. Und das ist nicht nur blosses Geschwätz von mir. Genau diese
Wahrnehmungsentwicklung hat bei mir dazu geführt, Reaktionen und Regungen seitens des
Publikums als Teil der Oper anzusehen: Babyschreie im Publikum - Kinder auf der Bühne /
Omis in Weihnachtsmännerkostümen auf der Bühne - aufgetakelte Damen in auffälligster
Abendgarderobe im Publikum.

Du hast dem Opern- bzw. dem Abopublikum einen Spiegel vorgehalten, der,um die Unverschämtheit
noch zu erhöhen, auch noch als ausschließlich imaginärer Teil der Bühne - deren Gestaltung
wahrhaftig eine Frechheit war!!!!!!!!! Wo ist der Glanz und Glimmer, den die Oper doch
braucht? Wo sind die gepuderten Perücken?..................................Herrrlich!!!!!!! -
eingesetzt wurde. Das schmeckte dem Publikum nicht, und gehen konnten auch nur die endgültig
Schwachköpfigen, es sei denn, der kleine Schauspieler in Ihnen wollte auch einen Auftritt haben.
Knallende Türen vor dem Konzert - knallende Türen während des Konzerts / "Psssssst" auf der
Bühne - "Psssssst" im Publikum. Es gab wahrhaftig eine Stelle, bei der ich voraussah, die sich
anbahnende Stille würde im Geplapper des Publikms untergehen, bis das "Psssssst" vom Bühnentutti
kam - absolute Stille im Raum. Menschen sind ja so manipulierbar!

Es war gut, den langen Weg auf sich zu nehmen, die teuren Karten zu bezahlen, dieser Abend
war viel mehr als blosse Musik. Viele haben die Qualität der Sache nicht erkannt. Die Frage
nach "Was ist künstlich und wann beginnt das echte Leben!" Diese Grenze wurde nämlich
durchschreitbar, man musste sie durchschreiten ohne zu wissen, auf welcher Seite man sich
befindet.
Als wir aus der Oper gingen, sang eine Strassenmusikerin vor der Oper. Selbst dies war noch
Teil von iOPAL. Die Oper breitete sich aus. Zur Nachbesprechung wollten wir nach der ersten
Frage ("Schlüsselereignis") nicht bleiben, erstens weil wir noch eine lange Reise vor uns
hatten, und zweitens weil wir Angst hatten, die phantastische Aufführung würde uns madig
gemacht werden.

Danke, Danke, Danke, Danke, lieber Jochen, Du hast mir die Oper zurückgebracht.
link:externSven / IP




Ein Geheimtip für alle Nine Inch Nails Fans. Interzone perceptible, alter Ego von Trent Rezner, spielt neben StummFilmMusiken zu HorrorStummFilmKlassikern wie "Nosferatu", "Der Golem" oder "Das Cabinet des Dr.Caligari" auch Konzerte mit absoluter Musik. Die Emotionalität, die Trent mit Hilfe der RockPop-Ästhetik erreicht, erarbeitet Interzone perceptible auf der Basis aktuellen zeitgenösischen Komponierens. Die hier zur Versteigerung stehende Aufnahme ist das Produkt der Zusammenarbeit mit dem deutschen Komponisten Hans-Joachim Hespos. Entstanden ist eine düsterMusikalische Klanglandschaft jenseits jeglicher Vorstellung. Alles bisher Bekannte ist hier ständig NeuAnders. Elektrifiziertes Akkordeon, E-Bass und elektroakustische Wandler erschaffen einen bisher nicht da- gewesenen BandSound, komplexer und schroffer als Bands wie "Fantomas" oder "Mr. Bungle" oder Projekte von und mit John Zorn. Die Lyrik, die in den elektroWandlern schlummert, kommt schreiend ans Tageslicht. "Interzone perceptible plays hespos" ist unbarmherzig laut, gnadenlos leise und widerstrebt kompromislos jeglichem bisher Erhörten. Von der Fachpresse umjubelt angenommene CD-produktion aus dem Jahre 2004: KALEIDOSKOPES LUFTSILBER – spirits to akkordeon, e-bass (fretless) und elektroakustische wandler (2001) –.
Das beiliegende Booklet mit Fotografien des begnadeten Kunst-Fotographen Georg Schreiber
gibt auf optischer Ebene Einblicke in den verwirrenden hochkomplexen Interzone-Kosmos. Auf www.interzone-perceptible.de kostet die CD inkl.Versandkosten 20 €.

(ebay: Interzone perceptible Hespos Fantoms Nine Inch Nails (Artikel 4786485593 …




Klang von Ziegeln, Kies "Umschichten" in Dalvazza/Schweiz uraufgeführt

Zum Abschluss der Studienwoche mit dem deutschen Komponisten Hespos wurde das in dieser Zeit gemeinsam erarbeitete Stück "umschichten" auf den Bühnen der hasena (link:externwww.diehasena.ch) in Dalvazza uraufgeführt. Alles ist Musik, alles ist Instrument in der am Ort und für den Ort entstandenen Inszenierung. Sogar der Verkehr macht mit.
Ein wie eine Gitarre gezupftes Cello, drei Alphörner und ein Akkordeon sind die einzigen traditionellen Musikinstrumente in der gut eine halbe Stunde dauernden "kleinen Bauzmusik". Ansonsten werden Klänge erzeugt mit vielem Vorgefundenem, das Geräusch macht: zu Boden geworfene Ziegel, von der Höhe einer Mauer auf ein Wellblech gewischter Kies, ein langer Schlauch und das aus ihm spritzende Wasser, geschüttelte und gedrückte Petflaschen, Pflöcke und Bühnenbohlen finden im Stück verfremdete Verwendung. Auch die weibliche Sing-Stimme trägt einige hohe, durchdringende bis eindringliche Klänge zum überraschungsreichen musikalischen Geschehen bei.
Die Figuren bewegen sich ruckartig, erstarren zuweilen wie in einer antiken griechischen Tragödie. An eine Oper lassen manche Sequenzen denken, andere an Existenzialismus und Absurdes Theater. Der Mensch in einer fremd anmutenden Welt erscheint als ein Thema, vor allem aber wird die Geschichte des Ortes erzählt. Die jüngsten Umwälzungen im Gelände, die Umschichtungen, die aus den stehen gelassenen Gebäuderesten Bühnen machten, sind musikalisch und szenisch umgesetzt. So legen die Teilnehmenden den Boden, auf dem sie stehen, die Bretter, die die Welt bedeuten, neu und lassen dabei tüchtig das in den gemauerten Rahmen fallende Holz knallen.
39 aufmerksame ZuschauerInnen zählte jemand, etliche Automobilisten unterbrachen darüber hinaus ihre Fahrt, überrascht von dem aussergewöhnlichen Geschehen am Strassenrand. Es bleibt viel Unerklärliches, Irritierendes, Faszinierendes zwischen und im Erzählten, die Jahrtausende alte Sing-Stimme, die vielleicht älter ist als das gesprochene Wort, archaische Methoden, Geräusche, Rhythmus, Musik zu machen, reissen weite Zeiträume auf, lassen Rätsel und Leerstellen offen in einer ganz in der Gegenwart angesiedelten Geschichte.
Kontinuität und Bruch mit der Tradition, das Stück umfasst in seinem am Ueberlieferten rüttelnden Musikverständnis beides, schafft szenischen Raum für neue Erkundungen jenseits fester Vorstellungen. Dass Altes, Aeltestes in diesem auch nicht mehr ganz so Neuen mitschwingt, überzeitliche Akzente setzt in diesem Spiel mit jüngsten zivilisatorischen Ereignissen, gehört mit zur Faszination und Irritation des überraschungsreichen Bilderbogens, der immer wieder eine Ablagerung umlagert, eine Schicht dorthin verlegt, wo vorher keine oder eine andere war. Noch selten, wenn überhaupt, hat sich der langgezogene Ton des Alphorns (li-lá) so mit den Klängen fallender Gegenstände und vorbeifahrender Autos verbunden.

Thomas G. Brunner 08.08.2006



zurück Seitenanfang        Seite drucken